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Datenverarbeitung, Gebärdensprache, berufliche Schulen

Im Juni 2017 beriet die Lehrerkammer zu folgenden Themen:

Datenverarbeitung und digitale Medien im Schulkontext: Die neue Schulverwaltungssoftware DiViS und Eduport schaffen neue Möglichkeiten an den Schulen. Die Lehrerkammer ließ sich über die Entwicklungen und Möglichkeiten informieren. Auch wenn die kommenden Cloud-Lösungen guten Datenschutz und die Verwendung eigener Endgeräte versprechen, darf unserer Ansicht nach darüber nicht die Ausstattung der Schulen mit Hard- und Software bsp. für Computerarbeitsräume für SchülerInnen vernachlässigt werden – und erst recht nicht die Arbeit unserer IT-beauftragten KollegInnen an den Schulen: Ohne sie geht es nicht!

Rahmenplan Deutsche Gebärdensprache: Es tut sich etwas im Bereich Sonderpädagogik! Erfreulicherweise ist ein Rahmenplan entstanden, der die Bedürfnisse gehörloser/hörgeschädigter Gebärdender  aufgreift, aber zugleich auch als Rahmen für den Wahlpflichtbereich von Hörenden geeignet ist und sich am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen orientiert. Wir hoffen, dass die Behörde nach der DGS und dem Bereich Lernen auch die anderen sonderpädagogischen Förderbereiche endlich mit entsprechenden Rahmenplänen abdeckt.

Änderungen im Bereich der beruflichen Bildungsgänge: Unter anderem will die Behörde den Unterricht durchgehend in Lernfeldern organisieren.

Schon wieder Inklusion?

Inklusion ist ein Dauerbrenner unter den schulpolitischen Themen. Warum jetzt – mehrere Jahre nach der Einführung – wieder eine Diskussion um die Ressourcen und die personelle Ausstattung, wie sie die Volksinitiative Gute Inklusion nun fordert?
Die Lehrerkammer hat die Versuche der BSB zur Einführung der Inklusion von Anfang an kritisch-konstruktiv begleitet – und oft genug vorhergesagt, wo es „knirschen“ wird. Dabei hat sie in verschiedenen Stellungnahmen immer wieder Forderungen gestellt, die nun die Volksinitiative aufgreift. Sie unterstützt daher nachdrücklich die Forderungen der Initiative (s. dazu auch am Ende dieses Beitrags).

Ist Inklusion nicht nur eine Ideologie, die massive Nachteile für den Großteil der SchülerInnen bringt?
Wir müssen uns schon fragen, in welcher Art von Gesellschaft wir leben wollen. Wollen wir, dass Kinder mit Trisomie 21 abgeschottet in Heimen leben? Waren wir nicht beeindruckt von den Leistungen der Paralympics-TeilnehmerInnen? Ist es schlecht, wenn gehörlose Menschen Erfolg in einem anspruchsvollen, „normalen“ Beruf haben? Und: Schließt eine Förderung der Schwächeren grundsätzlich aus, dass die Stärkeren sich ebenfalls entfalten können?

Ist Inklusion nicht nur der Versuch bestimmter Elterngruppen, ihren Kindern besondere Privilegien zu verschaffen?
Inklusion ist der Versuch eine Gesellschaft zu fördern, in der ausnahmslos alle Menschen respektiert werden, Wertschätzung erhalten und sich entfalten können – auch solche, die ohne Förderung benachteiligt wären.

Können Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf nicht besser an Sonderschulen gefördert werden?
Inklusion ist dann gut, wenn sie funktioniert. Dies bedeutet: Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind dort gut aufgehoben, wo ihr individueller Bedarf gedeckt werden kann. Dazu ist an den allgemeinbildenden Schulen viel neue Fachkenntnis nötig, ebenso mehr (Fach-)Personal und inklusionsfördernde Räume. Für viele Kinder ist es wichtig, nicht auf einer besonderen Schule ausgesondert zu werden. Für andere Kinder, z. B. Hörbehinderte, ist es auch wichtig, Kontakte zu Menschen zu haben, die wie sie bspw. Gebärdensprache als Muttersprache sprechen. Die Lehrerkammer forderte deshalb von Beginn an bessere Ausstattung der Inklusion an den Regelschulen und setzt sich ein für möglichst weitgehende Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an diesen Regelschulen – bzw. umgekehrt die Öffnung etwa der Elbschule für Nicht-Hörgeschädigte. Für richtungsweisend hält die Lehrerkammer nach wie vor die Ressourcenzuweisungen der Integrationsklassen, wie es sie vor der Einführung des Inklusionsmodells in Hamburg schon gab.

Ist es nicht eine Illusion zu glauben, Inklusion könne jede SchülerIn zum Abitur führen?
Ziel der Inklusion ist es, allen Menschen eine möglichst umfassende Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen: Jede und jeder soll möglichst weit kommen. Nichtinklusive Beschulung hat in vielen Fällen zu geringe Teilhabe ermöglicht. Auch „SonderschülerInnen“ sollen die Möglichkeit haben, überhaupt einen Abschluss und möglichst einen höheren Abschluss als den ersten Schulabschluss zu erreichen und später erfolgreich einen möglichst anspruchsvollen Beruf zu ergreifen. Inklusion braucht dazu auch gesellschaftliche Akzeptanz: Behinderte oder „schwierige“ Menschen müssen gleichberechtigt neben „normalen“ Menschen leben können. Schön, wenn dies schon für Schulkinder selbstverständlich ist und die Frage nach „normal oder besonders“ gar keine große Rolle mehr spielt.

Wenn die Hamburger Inklusion nur ein Sparmodell ist, warum haben die Lehrergewerkschaften und -vertreterInnen sie unterstützt?
Von Beginn der Debatte an hat die Lehrerkammer immer wieder eine ausreichende Ressource für die Inklusion gefordert. Sie hat früh benannt, dass die Vorschläge der BSB von 2012 nicht genügen, und Alternativen aufgezeigt. Inklusion ist nicht automatisch billiger als Beschulung an Sonderschulen. Die Lehrerkammer hält aber daran fest, dass Inklusion in einer demokratischen Gesellschaft unabdingbar ist, denn diese ruht auf der Vorstellung, dass Menschen in wesentlichen Bereichen gleich und gleichberechtigt sind.

Die Lehrerkammer unterstützt die Inklusion. Auf vielen Sitzungen hat die Lehrerkammer über Inklusion gesprochen. Zuletzt im Dezember stellte die Lehrerkammer sie wieder einmal in den Fokus. Dazu waren die Ombudsperson Frau Zeidler und Herr Sturm vom HIBB zu Gast. Beide stellten ihre gegenwärtigen Arbeitsschwerpunkte vor.  Aus all Inklusion – einfach erklärtdiesen Auseinandersetzung sind eine Reihe von Stellungnahmen entstanden – die wichtigsten Forderungen:

mehr Personal

Nach wie vor ist die Inklusion unterfinanziert. Hamburg ist weit entfernt davon, den Stand zu erreichen, der mit den I- und IR-Klassen einmal „state of the art“ war – auch außerhalb der Hansestadt.  Dazu konkrete Berechnungen in unserer Stellungnahme zur Inklusion vom 23.02.12 LKSt_120223_Inklusion (S. 4ff) und erneut am 07.11.14 LKSt_141106_SOS_Inklusion.

inklusionsfördernde Räume

Inklusion braucht passende Räume – erst recht im Ganztagsbetrieb. In der Auseinandersetzung mit der Einführung der Inklusion  und mit dem Schulentwicklungsplan von 2012 und dem ihm zugrunde liegenden Musterflächenprogramm haben wir auf die Notwendigkeit hingewiesen, den schulischen Raumbedarf inklusionsgerecht zu planen: dazu unsere Stellungnahmen zur Inklusion LKSt_120223_Inklusion (4.11 auf S. 14) und zum Schulentwicklungsplan von 2012 LKSt_120126_SEPL(S. 2f).

Dr. E. Prolingheuer, Vorsitzender der Lehrerkammer

Stellungnahme: SOS Inklusion

SOS Inklusion: Zur Zeit wird das Personal an den Schulen verheizt

Ergänzung zum Memorandum des Hamburger Bündnisses für schulische Inklusion

Schon im März 2012 hatte die Lehrerkammer darauf hingewiesen, dass die von der Politik angestrebte und jetzt umgesetzte Form der Inklusion ein Sparmodell ist, und dass es ein Fehler ist, die erfolgreichen Systeme der I/IR-Klassen abzuschaffen. An der Unterfinanzierung werden die Unterrichtsqualität und die Förderqualität leiden. Stellungnahme: SOS Inklusion weiterlesen

Memorandum Inklusion

Die Lehrerkammer ist Teil des Hamburger Bündnisses für schulische Inklusion und hat dessen Memorandum unterzeichnet. Darin heißt es unter anderem:

„Die Entwicklung und Umsetzung schulischer Inklusion ist die mit Abstand größte bildungspolitische Aufgabe unserer Zeit. Sie erfordert ein grundlegend verändertes Verständnis von Schule und eine umfassende Unterrichts- und Schulentwicklung.
Die inklusive Schule ist im Interesse aller SchülerInnen ein lohnendes Ziel.
Sie ist die Schule der Zukunft.
Die inklusive Schule ist ein lohnenswertes Ziel.
Ihr Gelingen erfordert die Anstrengung aller PädagogInnen, MitarbeiterInnen und Eltern vor Ort.
Von den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung erwarten wir, dass alles getan wird, um die erforderlichen Rahmenbedingungen herzustellen. Dazu gehört eine deutliche Erhöhung der personellen, räumlichen und sächlichen Ausstattung der schulischen Inklusion in Hamburg. “

zum vollständigen Text: LKSt_141106_Memorandum_Inklusion

Grundsatzposition Inklusion

Die Lehrerkammer sah bereits 2011 mit großer Sorge, dass die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zum Anlass genommen werden würde, „die integrative Standardversorgung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf umfassend zu verschlechtern.“

Mit der Einführung der Inklusion hat die Lehrerkammer ihre Position bereits 2012 deutlich dargestellt: Sie plädiert dafür, dass „die in Hamburg bewährten und erfolgreichen Formen der Integration, insbesondere die Integrationsklassen und die Integrativen Regelklassen, nicht abgeschafft werden dürfen. Vielmehr solle dieses Modell … flächendeckend ausgebaut werden.“

kompletter Text als pdf:  LKSt_120223_Inklusion