Die Lehrerkammer begrüßt den Abbau bürokratischer Verfahren bei der Bestellung der Prüfungskommission, die in die Hände der Schulen vor Ort gelegt wird (§ 23 Abs. 2 Nr. 2). Die Lehrerkammer sieht hingegen kritisch, dass Wehr- und Freiwilligendienste den berufspraktischen Teil der Fachhochschulreife ersetzen können. Es erscheint fraglich, ob auf diesem Weg ein strukturierter und bildender Einblick in berufliche Tätigkeit erreicht werden kann und damit ein Äquivalent zu einem qualifizierten Praktikum entsteht.
Die Lehrerkammer lehnt die Regelung des Übertritts von SchülerInnen aus der 10. Klasse der Gymnasien in die Vorstufe der Stadtteilschulen ab. (§ 35,1 Nr.1)
Die geplante Regelung offenbart die inneren Widersprüche des Zwei-Säulen-Modells. Sie wird den Trend zu den Gymnasien weiter verstärken, aber nicht zur Stärkung der Stadtteilschulen beitragen. Die Lehrerkammer sieht es zwar grundsätzlich positiv, wenn schülerfreundliche Regelungen getroffen werden und eine Durchlässigkeit von Bildungsgängen entsteht. Sie ist allerdings der Ansicht, dass diese Durchlässigkeit in Bezug auf ein ernsthaftes Funktionieren des problematischen Zwei-Säulen-Modells an der falschen Stelle erfolgt. Statt der geplanten Regelung fordert die Lehrerkammer, dass für Schülerinnen und Schüler beider Schulformen die Möglichkeit geschaffen wird, Defizite aus der Mittelstufe vor dem Eintritt in die Studienstufe aufzuholen. So zeigen auch die Ergebnisse der KESS13-Studie, dass insbesondere Schülerinnen und Schüler an Stadtteilschulen von der Wiedereinführung einer zusätzlichen Vorbereitungsklasse (früher E10) erheblich profitieren würden.
Die Lehrerkammer lehnt ab, dass in §4,1 die Entscheidung über die Verlängerung der Verweildauer in der gymnasialen Oberstufe bei längerer Krankheit oder anderen schwerwiegenden Belastungen an die Behörde überwiesen wird. Diese Fälle sind Ausnahmefälle. Den Familien bzw. den oft schon volljährigen SchülerInnen ist nicht zuzumuten, neben den krankheitsbedingten oder anderen Belastungen noch in eine Auseinandersetzung mit der Behörde zu treten. Die Schulen dagegen kennen die entsprechenden Fälle oft bestens und sind eher in der Lage, fundierte und begründete Entscheidungen zu treffen, die die betroffenen Familien und SchülerInnen so wenig wie möglich belasten. Eine Missbrauchsgefahr besteht in der Praxis nicht. Die Lehrerkammer schlägt vor, nach Möglichkeit die alte Regelung (Zeugniskonferenz entscheidet) zu belassen. Zumindest sollte die Entscheidung der Zeugniskonferenz entscheidend sein.
Die Lehrerkammer regt initiativ eine Veränderung der APO-AH in §9 an: StadtteilschülerInnen, die in die Sekundarstufe II übergehen, unterliegen bislang im Zeitraum von vier bis fünf Jahren vier Benotungssystemen: Sechser-Skala, E/G-Neuner-Skala, Sechser-Skala, 15er-Skala. Der zwischenzeitliche Wechsel auf die Sechser-Skala in der Vorstufe ist eine letzte Reminiszenz an die Existenz dieser Stufe an den Gymnasien. Eine innere Logik ist nicht mehr erkennbar, die Eingewöhnung für die SchülerInnen würde erleichtert und die organsiatorische Arbeit der Stadtteilschulen würde durch einen früheren Umstieg auf die 15er-Skala (z.B. jahrgangsübergreifende Sportkurse) vereinfacht. Die Lehrerkammer regt deshalb an, die Verordnung so zu ändern, dass in der Vorstufe der Stadtteilschule das Punkte-System (15er-Skala) gilt, ohne dass diese Punkte ins Abitur eingebracht werden können.
Zur ExPO:
Auch hier begrüßt die Lehrerkammer den Abbau von bürokratischen Verfahren zur Zeugnisausfertigung (§ 36,1). Die Lehrerkammer bittet dringend, die Fachprüfungsausschüsse („FPA“) der ExPO nicht „anonym“ korrigieren und begutachten zu lassen, sondern die Regelung der Fassung vor 2012 wieder einzuführen und in diesem Punkt der APO-AH anzupassen. Die Unabhängigkeit der staatlichen PrüferInnen bei der Erstellung ihrer Gutachten ist in den Fällen der ExPO sicherlich unzweifelhaft. Die Arbeitsbelastung und -verdichtung bei der Erstellung der Gutachten gefährdet nicht nur die Gesundheit der FPA-Mitglieder, sondern auch die Qualität der eilig angefertigten Korrekturen und Gutachten. Die Mehrbelastung durch das anonymisierte Korrekturverfahren führt auch dazu, dass es immer schwieriger wird, KollegInnen für diese sinnvolle Arbeit zu gewinnen. Überdies gelten die Argumente, die bei der APO-AH zur Rückkehr zum nicht anonymisierten Verfahren geführt haben, auch bei der ExPO.