Am 26.05.16 beschäftigte sich die Lehrerkammer mit verschiedenen, teils weitreichenden Änderungsvorhaben der Behörde am Hamburger Schulgesetz. Drei Bereiche seien herausgegriffen: Beschulung von Flüchlingen und Zuwanderern, Datensammlung und -verwertung sowie Computernutzung an Schulen.
1) Beschulung von Flüchtlingen und Zuwanderern
Zum einen schafft die Behörde hier die Rechtsgrundlage für die bereits bestehenden Internationalen Vorbereitungsklassen. Zum anderen beschränkt sie die freie Schulwahl für Flüchtlinge in öffentlicher Unterbringung mit dem Ziel, die schulpflichtigen Flüchtlinge gleichmäßig auf die Schulen der Stadt verteilen zu können. Dies wird die Bildung von Schulen verhindern, auf die mehrheitlich nur Flüchtlinge gehen. Aus Sicht der Lehrerkammer wird so die Integration besser gefördert.
Positiv auch: In Zukunft sollen die Kompetenzen von zuwandernden Jugendlichen stärker berücksichtigt werden. Näheres wird in den Prüfungsordnungen festgelegt werden – dies werden wir im Auge behalten. Die Lehrerkammer hat angeregt, beispielsweise die Muttersprache als Fremdsprache für die Belegverpflichtungen der Abschlüsse zu aktzeptieren.
2) Daten sammeln und anonym auswerten
In einem neuen und langen Paragraphen will die Behörde die Daten, die im Rahmen des Schulbetriebes von ihr erhoben werden, für anonymisierte statistische Auswertungen verfügbar machen. Dazu soll eine Vertrauensstelle gegründet werden, die die Anonymisierung sicherstellt. – Die Lehrerkammer meint: Zwar ist es gut, für zuverlässige Anonymisierung zu sorgen. Doch die Hoffnung, mit der Verknüpfung der vielen gesammelten Daten die Schulentwicklung zu neuen Höhenflügen zu führen, ist trügerisch. Denn solche Kennzahlen können die Wirklichkeit an Schulen nur ansatzweise erfassen – dazu sind die Abläufe in unserem immer noch sozialen Berufsfeld zu komplex. Wir befürchten daher, dass die neue Vertrauensstelle nur die schöne Vorderseite eines zukünftigen großen kennzahlenbasierten Controllings sein wird. Dass Schulqualität ganz wesentlich mit guten Arbeitsbedingungen des Personals zu tun hat – oder dass man die Beschäftigten als gleichberechtigte und kompetente Mitgestaltende sehen kann, gerät damit völlig aus dem Blick. Genau hier besteht aber massiver Handlungsbedarf.
(Zum Weiterlesen: unsere Stellungnahmen zu Kermit-Ergebnissen LKSt_151112_Kermit_Bekanntgabe und zum Orientierungsrahmen Schulqualität LKSt_120913_Schulqualitaet)
3) Computernutzung an Schulen
In einem weiteren langen und neuen Paragraphen schafft die Behörde die Möglichkeit, SchülerInnen zur Nutzung digitaler Medien verpflichten zu können. Im Hintergrund steht die Entwicklung eines eigenen Schulportals („Eduport“), mit dem pädagogisch angeleitete Mediennutzung und -erziehung stattfinden soll. Das Gespräch mit dem Referenten der Behörde, Herrn Gleim, machte uns deutlich, dass hier eine ganz wesentlich medienpädagogisch-emanzipatorische Zielrichtung verfolgt wird. Auch datenschutzrechtliche Aspekte kommen zum Tragen.
Das ist eigentlich positiv. Doch steckt der Teufel im Detail. Schon jetzt fehlt an vielen Schulen das Personal, um die Geräte und Programme zu warten. Dies wird sich mit steigender Wichtigkeit der IT-Nutzung durch SchülerInnen massiv veschärfen, und es sind zusätzliche Ressourcen nötig. Weiter: Welchen Einfluss werden Anbieter von Hard- und Software sowie von Inhalten auf die Lehre an den Schulen haben? Neben Kompatibilitätsfragen und Fragen zur Veränderbarkeit von Inhalten durch die Lehrkräfte stehen die Befürchtungen, dass zunehmend mehr tendenziöse Inhalte von Interessengruppen zur Verfügung gestellt werden könnten. Weil so vieles noch im Unklaren ist, müssen dringend die Ausführungsbestimmungen her, wie z. B. eine Richtlinie zur Verwendung von Privatgeräten im schulischen Kontext.
Zum Weiterlesen: unsere Stellungnahme LKSt_160526_HmbSG
Themen im Juni werden Änderungen bei beruflichen Bildungsgängen sowie die Neuerungen bei der Lehrerausbildung sein.