Appell von Eltern-, Schüler-, Lehrer- und Schulleitungsverbänden an Senat und Bürgerschaft:
Die Qualität der Lehrerbildung erhalten: Keine Kürzungen bei der Berufseingangsphase für neue Lehrer/innen!
Die Anforderungen an die Schule und damit an die Lehrer/innen wachsen. Dazu gehört u. a. die von uns unterstützte inklusive gemeinsame Beschulung von sehr unterschiedlichen Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf, mit besonderen Begabungen oder mit Fluchterfahrungen.
Damit die Qualität von Unterricht, Erziehung und Beratung gesichert und weiterentwickelt werden kann, muss auch die Qualität der Lehrerbildung in allen drei Phasen, dem Studium, dem Referendariat und der Berufseingangsphase erhalten und verbessert werden.
Die von Schulsenator Rabe geplanten gravierenden Verschlechterungen für die Berufseingangsphase stehen dazu in völligem Widerspruch.
Seit 2002 ist Hamburg bundesweit Vorreiter in Bezug auf die Entwicklung der Berufseingangsphase für die neu eingestellten Lehrer/innen.
Seit 2011 ist diese dritte Phase nach Studium und Referendariat auf Beschluss der Bürgerschaft verpflichtender Bestandteil der Hamburger Lehrerbildung.
Alle neueingestellten Lehrer/innen nehmen mindestens für ein Jahr – auf Wunsch auch für zwei Jahre – an einer Austauschgruppe teil. Dafür erhalten sie pro Woche eine Stunde Arbeitszeit angerechnet.
Diese Austauschgruppen werden von Moderator/inn/en geleitet, die über umfangreiche Erfahrungen im Unterricht und in der Lehrerbildung sowie über eine Coachingausbildung verfügen.
In den Gruppen werden Erfahrungen ausgetauscht und reflektiert sowie schwierige Situationen aus der eigenen Berufspraxis professionell in Fallberatungen bearbeitet. In Krisensituationen erhalten Berufseinsteiger ein individuelles Coaching. Darüber hinaus finden Fortbildungen zu Praxisfragen statt, die für die Teilnehmer/innen im Berufseinstieg besonders wichtig sind. Dazu gehören regelmäßig Fragen, die sich aus den für alle Berufseinsteiger neuen Kernaufgaben der Klassenlehrerschaft, der Elternarbeit und der pädagogischen Beratung ergeben, die keine Praxisbereiche in Studium und Referendariat sind. Die vielen Berufseinsteiger aus anderen Bundesländern werden darüber hinaus auch mit den Besonderheiten des Hamburger Schulsystems vertraut gemacht.
Die Berufseingangsphase dient dazu, dass die neu eingestellten Lehrer/innen ihre Berufserfahrungen reflektieren, produktiv verarbeiten und ihre Lehrerpersönlichkeit entwickeln. Sie dient damit der Qualitätsverbesserung von Unterricht, Erziehung und Beratung in der Schule sowie der Burnout-Prophylaxe. Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen die Wirksamkeit und Notwendigkeit dieser dritten Phase der Lehrerbildung.
Kurz vor den Herbstferien hat Senator Rabe angekündigt, dass die Berufseingangsphase ab dem nächsten Schuljahr nicht mehr verbindlich sein soll und die Anrechnung von wöchentlich einer Arbeitsstunde für die Teilnehmer entfallen soll. Die Folgen liegen auf der Hand:
Die besonders belastete Gruppe der Berufseinsteiger wird ohne Arbeitszeitanrechnung nur in geringem Umfang teilnehmen können, so dass die Berufseingangsphase als dritte Säule der Lehrerbildung vollständig ausgehöhlt würde.
In der wichtigsten berufsbiographischen Phase der ersten Jahre müssen die jungen Lehrkräfte durch Reflexion und Austausch passende professionelle Routinen und Bewältigungsstrategien entwickeln. Und genau in dieser Zeit würden sie allein gelassen werden.
Wir appellieren an den Senat und die Bürgerschaft: Die Berufseingangsphase muss verbindlicher Bestandteil der Hamburger Lehrerbildung bleiben. Es darf in diesem Bereich keine Kürzungen geben.
Unterzeichner: Eine Schule für alle, Elternverein Hamburg, Gemeinschaft der Elternräte an Stadtteilschulen , Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Grundschulverband Hamburg, Lehrerkammer Hamburg, Verband Integration an Hamburger Schulen, Verband der Hamburger Schulleitungen, Vereinigung der Leitungen der Hamburger Gymnasien und Studienseminare, Vereinigung der Schulleiter/innen der Stadtteilschulen in Hamburg.